Wolfgang, wie fällt deine Bilanz zur Herbstsaison der Jungen Wikinger aus?
Aufgrund der anstehenden Regionalliga-Reform war uns klar, dass diese Saison der Jungen Wikinger unter einem besonderen Stern steht. Wir haben uns im Sommer daher entschieden, den Kader noch etwas jünger zu planen, als wir es sonst getan hätten. Die Jungen Wikinger haben von den jüngsten 15 Anfangsformationen der Regionalliga Mitte in dieser Saison 13 gestellt. Gegen Dietach waren die Startelf im Schnitt 18,6 Jahre alt. Das zeigt, wie jung wir unterwegs waren. Wir wollten unseren Akademie-Spielern frühestmöglich die Erfahrungen im Erwachsenenfußball zuteilwerden lassen. Wir sind uns sicher, dass die Spieler im Frühjahr und in ihrer weiteren Karriere davon profitieren werden. Wenn man sich allerdings die Tabelle ansieht, dann haben wir zu viele Gegentore kassiert. Wir waren bei Defensiv-Standards und in der Strafraumverteidigung nicht gut genug, das sind typische Themen für junge Mannschaften. Da wollen wir uns im Frühjahr schon deutlich verbessern, unter anderem auch mit Neuzugängen. Ich habe wenige Spiele gesehen, in denen wir klar unterlegen waren. Am Ende geht es aber um die Tore.
Der neue Trainer der Jungen Wikinger, Marcel Thallinger, gab vor der Saison die Ziele aus, eine sehr junge Mannschaft aufbauen zu wollen und die Durchlässigkeit zu den Profis zu erhöhen. Wie war diesbezüglich die Entwicklung im Herbst?
Das Mannschaftsalter habe ich bereits thematisiert, die Durchlässigkeit war mit Spielern wie Joris Boguo, Fabian Rossdorfer oder zuletzt Philip Weissenbacher gegeben. So wie es seit meinem Amtsantritt im Sommer 2023 immer der Fall war und wie es unserem Weg entspricht. Am Ende gilt es, die Balance zwischen Entwicklung und Performance zu treffen und mit der hohen Fluktuation in Training und Spiel umzugehen. Die Cheftrainer von diesen Entwicklungsmannschaften haben einen schwierigen Job, unser Trainer Marcel Thallinger managt dies hervorragend.
Wie schwierig ist dieser Spagat zwischen einer sehr jungen, aber dennoch schlagkräftigen Mannschaft für die Regionalliga, der dritthöchsten Liga im Land?
Das Gewinnen ist im Fußball immer das Wichtigste, aber bei uns müssen die Trainer unter bestimmten Bedingungen gewinnen. Wir haben einen klaren sportlichen Rahmen, in denen sich die Trainer und Mannschaften bewegen müssen. Gleichzeitig soll der größtmögliche Erfolg herausschauen. Bei den Jungen Wikingern ist das nochmal herausfordernder, weil eben die Spieler öfter wechseln und man sehr flexibel sein muss. Und wenn wir jetzt unter den Top-3 der Liga wären, dann müssten zwei, drei weitere Spieler schon bei den Profis sein. Sonst hätten wir etwas verpasst. Unser Ziel ist die Regionalliga, daher steht die Entwicklung im Vordergrund, solange der Klassenerhalt erreicht wird.
Wie ist das Konzept der SV Oberbank Ried, um weiterhin Nachwuchsspieler zu den Profis zu bringen?
Der wichtigste Punkt: Es gibt ein Konzept – das ist die Basis für eine gute Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Mannschaften und hebt uns schon von vielen anderen Klubs ab. Wir haben damit eine sportliche Orientierung, innerhalb der die Trainer die Individualität der Spieler, aber auch ihre eigene Persönlichkeit ausleben können. Somit bekommen die Spieler möglichst einheitliches Feedback, egal wo sie gerade spielen bzw. trainieren, ohne dass alles gleich ist und sie keine eigenen Entscheidungen mehr treffen müssen. In der Kaderplanung braucht es auch Mut zur Lücke, damit die Plätze 16 bis 22 von jungen Spielern eingenommen werden können. Und dann liegt es an ihnen, sich durchzusetzen. Wobei wir mit unseren hervorragenden Betreuerteams eine große Entwicklungshilfe zur Seite stellen. Jeder Spieler wird so individuell wie möglich behandelt, um sich in der Mannschaft entwickeln zu können. Wir haben zum Beispiel als Maßnahme ein Potenzialspielertraining eingeführt, wo Spieler aus den Jahrgängen 2004 bis 2008 von den Profis bis zur U18 gemeinsam trainieren. Die ganz jungen Spieler trainieren mit Profis und die älteren Spieler dieser Gruppe können Führungsaufgaben übernehmen, die im normalen Trainingsalltag bei den Profis nicht da sind.
Wird die Spielphilosophie der Profis auch bereits bei den Jungen Wikingern und in der Akademie umgesetzt?
Ja, aber ohne Dogma. Lukas Brandl, Christopher Ritscher und ich werden nie sagen, welchen Matchplan die Trainer erstellen müssen. Es geht um einen Rahmen, der so frei wie möglich und so eng wie nötig ist. Wir haben zum Beispiel Grundformationen vorgegeben, um einen Startpunkt für die Kaderplanung zu haben und den Trainern die Versuchung zu nehmen, jede Woche neue Matchpläne mit neuen Grundformationen zu entwickeln. Stattdessen sollen sie ihre Zeit lieber für die individuelle Entwicklung der Spieler nutzen. Wir haben Spielideale entwickelt, die Trainer sollen unsere Spieler im Abstand von sechs Monaten innerhalb dieser Ideale im Detail beschreiben. Dann kennen sie die Spieler besser und können den Trainerkollegen Detailinfos über Stärken und Potenziale geben und auf höherem Niveau über den Spieler reden. Das ist wichtiger, als irgendwelche Spielprinzipien auswendig zu lernen.
In der Bundesliga kommen immer weniger junge österreichische Talente zum Einsatz? Wie siehst du diese Entwicklung? Wie schafft man hier wieder einen Turnaround?
Ich sehe die Entwicklung kritisch, weil der österreichische Fußball nur mit guten österreichischen Spielern überleben wird. Ich hätte weniger Problem damit, wenn die Österreicher dafür im Ausland spielen würden. Aber auch dort spielen sie nicht. Daher muss die Bundesliga sich klar dazu bekennen, unsere österreichischen Spieler selbst auszubilden. Dafür braucht es Mut, Vertrauen, Fleiß und den Blick über den Tellerrand der eigenen Karriere, speziell in der sportlichen Leitung. Wir haben gegen Altach mit neun Österreichern in der Startformation gespielt, davon mit vier U21-Teamspielern Österreichs. Da braucht es auch ein Top-Trainerteam, das mit diesen Spielern arbeiten will. Lennart Karl ist in Deutschland in aller Munde, wenn die Bayern aber auf die Öffentlichkeit gehört hätten und Trainer Kompany nervös geworden wäre, würde der Spieler wohl irgendwo in der 2. Bundesliga sein.
Hat dich der Erfolg der U17-Nationalmannschaft überrascht?
Natürlich hat es mich überrascht. Dass ein österreichisches Team in einem WM-Finale spielt, ist phänomenal. Aber auch hier muss man genau analysieren. Wir sind ins Finale gekommen, weil wir als Mannschaft sehr gut verteidigt haben und eine unfassbare Resilienz in den Spielen gezeigt haben. Wir waren zum Beispiel gegen Japan und Italien über Phasen des Spiels klar unterlegen. Manche Mannschaften brechen da und geben sich auf. Hermann Stadler hat aber eine Truppe auf den Platz gebracht, die sich davon nicht unterkriegen hat lassen. Sie hat diese Phasen überstanden hat und sich dann in die Spiele reingekämpft. Solche Tugenden gehören, neben der vorhandenen individuellen Qualität, auch zum österreichischen Fußball. Es sollte ein Startpunkt sein, damit unser Vertrauen in den Nachwuchs wieder größer wird. Der Erfolg darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir noch besser ausbilden müssen.
Nächste Saison kommt die Reform mit vier statt drei Regionalligen. Was erwartest du dir davon?
Kürzere Fahrten, sodass ich mir hoffentlich auch mehr Auswärtsspiele anschauen kann. Für mich ist die Reform sehr sinnvoll, weil es für die Amateurspieler viel angenehmer ist und auch bei unseren Nachwuchsspielern eher die Zeit am Platz als die Zeit im Bus zählen sollte.
Welche Ziele gibt es bei den Jungen Wikingern im Frühjahr?
Wir wollen die Klasse halten, unsere Spieler bestmöglich entwickeln und innerhalb unserer Idee und Bedingungen so viele Punkte wie möglich sammeln. Ich habe dabei großes Vertrauen in Marcel Thallinger und sein Team.



